Das Leben alleine leben: Eine Momentaufnahme

Der Satz, der mein Leben verändert hat

 

Die Crux mit der Zeit

Früher war alles anders. Kennt ihr den Satz auch von euren
Eltern und Großeltern? „Früher war alles besser. Früher war alles gut. Da
hielten alle noch zusammen. Die Bewegung hatte noch Mut“, heißt es auch bei den
Toten Hosen. Tja, was soll ich sagen? Es stimmt!

Das Gefühl Heimat

Was ist Heimat? Es gibt verschiedene Definitionen. Jeder hat
sein eigenes Heimatgefühl. Die meisten sagen jedoch, dass Heimat dort ist, wo
die Familie ist. Richtig. Die eigene kleine Familie oder die Großfamilie?
Ansichtssache. Für mich ist derzeit Heimat der Ort, an dem ich am längsten
gewohnt habe. Dort, wo meine Eltern wohnen und ich aufgewachsen bin. Wiesbaden
und Mainz. Ich fahre zwar nicht oft und gerne dort hin, aber das hat andere
Gründe. Trotzdem antworte ich auf Fragen nach meiner Heimat nicht mit Hamburg.
Das soll nicht heißen, dass Hamburg nicht meine Traumstadt und Wahlheimat ist.
Ich liebe Hamburg. Hier lebe ich mit meiner Familie. Aber ein Gefühl von Heimat
habe ich nicht.

Freunde – eine wichtige Stütze im Leben


„Du bis schuld!“
Seit mir meine Schwester im letzten Jahr gesagt hat, dass
ich selbst schuld daran trage, dass ich keine Freunde habe und sich alle von
mir abwenden, geistert diese Aussage in meinem Kopf rum. Sie hat mich zutiefst
getroffen. Ich hege Selbstzweifel, ob ich wirklich so ein schlechter Mensch
bin, mit dem es keiner aushält. Die Aussage meiner Schwester basiert auf
verschobenen Tatsachen. Gründe dafür, dass ich keine wirklichen Freunde habe,
sondern nur nette Menschen um mich habe, die ich wirklich schätze, die mich
aber leider nicht genau kennen, hat mehrere Gründe. Zum einen ist es der Umzug
nach Hamburg, zum anderen aber auch die moderne Zeit. Früher war alles anders.
Da hatten die Eltern noch einen Job für ein ganzes Leben. Man festigte seine
Freundschaften an Ort und Stelle und konnte sie vor Ort pflegen. Zum anderen: meine
guten Freunde zogen weg: Zuerst nach dem Abi nach Berlin. Die andere nach
Mallorca. Nach dem Studium für ein paar Jahre in die USA. Andere wiederum
wanderten nach Neuseeland aus. Andere Freundschaften gingen durch neue Partner
auseinander, weil sich die Freundin mehr und mehr zum Freundeskreis des Mannes
bewegte, der einfach nicht zu meinem passte. Dann zog auch noch meine
allerbeste Freundin weg. Und wir nach Hamburg. Ich war wieder allein. Keine Freunde. Keine Stütze.

Viele Freunde bekamen Kinder und waren nicht mehr so
flexibel. So auch wir. Keine wilden Partys mehr. Mehr und mehr verschwanden
Freundschaften mit Paaren, die keine Kinder hatten oder wollten. Denn Kinder
sind ja nervig. Und abends sich schon um 18 Uhr treffen, total out. Was? Ihr
könnt nicht zur Feier, die erst um 21 Uhr beginnt? Dann eben nicht. In Hamburg
fokussierten sich neue Bekanntschaften also auf Paare mit Kindern. Der Alltag
und die große Distanz in Hamburg führt aber oft dazu, dass man sich nur alle
paar Monate sieht. Wir haben Freunde gefunden. Liebe, nette Menschen. Aber
echte Freunde? Die alles von einem wissen? Die dich anschauen und genau merken,
dass etwas nicht stimmt? Nein. Meine Schwester hat doch recht: Mit mir scheint
etwas nicht zu stimmen. Denn Menschen wenden sich von mir ab. Mit Frauen, mit denen
ich mich mehrfach auch mal alleine getroffen habe, wir Spaß hatten und gut
schnacken konnten, melden sich auf einmal nicht mehr. Reagieren nicht auf meine
Anfragen, ob man sich wieder einmal verabreden könne. Es sticht mir ins Herz.
Schon Kleinigkeiten verunsichern mich, wenn bei sich entwickelnden
Freundschaften wieder der Rückwärtsgang einlegt. Es ruft in mir immer wieder
diesen Satz hervor „Du bist schuld!“

Virtualität

Früher war alles anders. Früher habe ich immer ein offenes
Ohr für jeden gehabt. Ich habe geholfen, wo es nur ging. Habe mir wochenlang
Tiraden angehört, Tag und Nacht. Ich war der Kummerkasten für alle. Und
irgendwann habe ich gemerkt, dass mir keiner zuhört. Dass keiner merken würde,
wenn ich nicht mehr da wäre. Es ist niemand da, der weiß, wie es um mich steht.
Klar, der Mann ist da und die Kinder. Die brauchen mich. Aber auch hier bin ich
nur Kummerkasten. Ich gebe! Ich gebe sehr gerne. Aber auch ich bin nur ein
Mensch, der auch nach Aufmerksamkeit schreit. Innerlich. Ängstlich. Denn ich
weiß ja „Ich bin schuld“. Ob ich ein schwieriger Mensch bin? Ich weiß es nicht.
Ich bin direkt und ehrlich. Ich hinterlasse keine Schleimspur, nur um beliebt
zu sein. Ich krieche keinem in den Allerwertesten. Das bin ich. In der
virtuellen Welt der Bloggerei fällt das oft nicht auf, es sei denn, man trifft
sich mal auf Events. Auch da merke ich, dass sich so genannte Blogger-Freunde
lieber an die großen Blogger heften, als sich mit einem kleinen Licht abzugeben.
Da sehe ich nur Ellbogen – kein Miteinander. Keine Freude aufgrund des
Wiedersehens. Ja, ich werde nicht zu jedem Event eingeladen. Ja, weil ich nicht
so groß bin. Ja, ich freue mich auch mal bekannte Blogger zu treffen. Ist das
so schlimm? Man lernt doch voneinander. Aber nur, wenn es auch ein miteinander
gibt. Aber so ist das eben: ICH BIN SCHULD.

Das Schwinden geht weiter

Gerade erst letzten Monat zog eine liebe Freundin für ein
paar Jahre weg. Wegen des Berufs des Mannes. Nicht um die Ecke. Nein. In ein
anderes Land. Ich kann es nicht durch einen kurzen Flug erreichen. Es ist
Thailand. Weit weg. Durch die Zeitverschiebung auch schwierig in der
Kommunikation. Es hat mich sehr traurig gemacht, als ich diese Nachricht hörte.
Sehr traurig. Mag ich diese Menschen doch besonders gerne. Ich nehme es hin.
Ich nehme es an. Ich bin alleine. Und werde es wohl immer sein. Früher. Früher
war alles anders. Ob es besser war? Das mag ich nicht beurteilen.

An dieser Stelle danke ich meiner Schwester für diesen Satz.
Einen Satz, der mich vor Monaten verändert hat. Nachdenklich gemacht und
verunsichert hat. Mich aber auch die Karte f*** off hochhalten lässt. Ich kam
alleine und ich gehe alleine.

9 Kommentare

  • Liebe Isa,
    schade, dass du meinst, dass es deine Schuld ist. Ich glaube, da irrst du dich. Alle streben immer danach "normal" zu sein – aber was ist normal? Ist ein narzistischer Angeber oder ein Dauersonnenschein normal? Ich gehöre auch nicht zu den beliebten Menschen, denn genau wie du schleime ich nicht, sondern lebe frei Schnauze.
    Dass wir oder unsere Freunde wegziehen, ist auch unvermeidbar geworden; Sei es auch arbeitstechnischen Gründen oder Finanziellen. Die Freunde, die mein Mann und ich uns in den letzten Jahren angelacht haben, haben nicht die Intensität der Schul- und Studienfreunde. Aber mir persönlich tut es wirklich gut diese guten Bekannten zu haben, sich ab und an mal zu treffen.
    Bitte sei nicht deprimiert! Ich fürchte, das bringt auch das dunkle November-Wetter mit sich! Warte ab, wenn der Frühling wieder da ist und sich die sozialen Kontakte wieder aufbauen! Diese Erfahrung habe ich nämlich gemacht: Je dunkler und kälter es ist, desto weniger Menschen sieht und spricht man!
    Ganz viele liebe Grüße,
    Izabella

  • Liebe Isa, deine Worte sprechen mir aus der Seele ❤️.. Auch bei mir ist es ziemlich genau so wie du es schreibst… Ich bin auch ein Mensch der gerne wirklich sehr gerne gibt und hilft.. Aber iwie wird das auch nicht mehr wertgeschätzt. Eher im Gegenteil – es wird gesagt dass man eigentlich selber schuld hat wenn man immer gibt da eh nix zurück kommt. Bzw man innerlich hofft dass es heutzutage doch noch jemanden gibt der den Wert einer Freundschaft, Hilfsbereitschaft kennt. Ich bin auch eine "Zugezogene", dass seit über fünf Jahren und dennoch fehlt mir jemand der mich wirklich kennt und nicht nur oberflächlich… Auch von früher gibt es kaum feste innige Freundschaften. Das ist wohl der Lauf der Zeit und es wird iwie immer schlimmer mit Freundschaften finden bzw auch zu halten. Ich danke dir für deine Worte und wünsche dir für deine Zukunft das Glück doch noch Iwann jemanden zu finden der dich alles Ganzes sehen will. Auch für mich ist das ein inniger tiefer Wunsch. Ganz liebe Grüße aus Mittelfranken.

  • Das könnten meine Worte sein, ,du siehst also das ist die Zeit. Alles bleibt unverbindlich. Größter nutzen wird von einem gezogen und dann wird man entsorgt.
    Gut zu hören, es geht anderen auch so.

  • Ich merke immer öfter wie meine Mitmenschen im Leben weiter ziehen. Es tut so weh und ich fühle mich oft allein. Es kommen aber auch neue Menschen ins Leben und dafür bin ich immer dankbar. Leider sind viele digital in meinen Leben. Es fehlt die Nähe.
    LG Natalia

  • İch mache das erst neu mit meine familie laest mich in stich.Das heist ich habe keinen aber wirklich keinen.

  • İch mache das erst neu mit meine familie laest mich in stich.Das heist ich habe keinen aber wirklich keinen.

  • Ich bin jung uns stehe noch am Anfang von meinem Leben (mache gerade mein Abi). Docg mir geht es jetzt schon so, dass ich keine innigen Freundschaften habe, sondern nur so einigermasen gute Bekannte (die meisten von der Schule). Und du hast ja geschrieben, dass die Freundschaftwn bei dir heute nicht mehr so innig sind wie zur Schulzeit…. dann denke ich mir, ich habe jetzt schon nicht soo innige Freundschaften, wie sieht es dann wohl in meiner Zukunft aus?!?! 😥 Meine "beste Freundin" hat sich schon vor ein paar Jahren von mir abgewannt, was mir echt einen Tritt gegeben hat. Mein Zuhause fühlt sich schon lange nicht mehr an wie mein Zuhause – meine große Schwester ist ausgezogen zum Studieren. Zudem sehe ich meine Schwester nicht mehr oft, da sie die Zeit, die sie dann mal hat mit ihrem Freund und seinen Freunden verbringt. Ich habe immer zu meiner Schwester aufgesehen und wollte immer wie sie sein… und nun sehen wir uns fast nicht mehr…. zudem merkt sie gar nicht wie sehr sie mir fehlt …. dan denke ich mir, wenn wir uns jetzt schon fast nicht mehr sehen, wie wird es dann wenn ich auch endlich umziehe?! Zu allem übel musste gerade meine Schwester – mein Vorbild und Stütze- mir sagen, dass ich doch langweilig und verklemmt sei! Was soll man da auch noch von sich denken!

    Dir passierte das Entfernen von Leuten laut deinem Text später nach Schule und Studium … wie wird es dann bei mir werden? Ich fühle mich jetzt schon viel zu oft alleine und ebenso sieht keiner von den Leuten um mich, wie traurig ich oftmals bin ……

    Dein Text haz mir zum einem Hoffnung gegeben, da ich anscheinend nicht die Einzige bin, die alleine ist… Doch zum anderen bin ich jetzt noch verlorener… wie soll wohl meine Zukunft aussehen???

  • Ich kann dir nur mit auf den Weg geben, dass du versuchen musst, so zu leben, wie du es möchtest. Ich habe festgestellt, dass ich auch ohne beste Freundin gut leben kann. Ich habe meine eigene Familie, die mir halt gibt. Bist du aber grundsätzlich unzufrieden und traurig in deinem Leben, dann hole dir Hilfe. Hilfe in Form eines Arztes, der dir aus deiner Traurigkeit raushelfen kann. Und lass dir von NIEMANDEM sagen, dass du langweilig und verklemmt seist. Du bist, wie du bist. Und das ist einzigartig. Du musst dich für niemanden verstellen! Nimm deine Zukunft selbst in die Hand und lasse dir helfen, damit du mehr Selbstvertrauen bekommst und glücklich wirst.

  • Liebe Isa , du bist nicht alleine du hast deine kleine Familie sie sind immer an deiner Seite . Ich fühle mich auch oft alleine habe keine Familie und eine sehr gute Freundin die weit weg wohnt von mir.
    Ich versuche damit zu leben alleine zusein und der heutigen Zeit , ich beneide viele die Kinder haben und ständig unterwegs sind . Und die Pandemie hat mir gezeigt wo meine Freunde sind und wie alleine ich bin .

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